Und wieder ist Olli ein ganzes Stück gealtert. Er hat kaum noch Kraft. Vorhin ist er ein Mini-Stückchen geflogen und war danach unsagbar müde und hat geplustert. Er ist jetzt sowieso ständig leicht geplustert.
Aber ein Tag in unserem Leben entspricht ca. 7 Tage beim Wellensittich, 1 Woche entspricht 7 Wochen ... tick tack....
Sein Tumor wird immer dicker. Es stört ihn jetzt. Außerdem riecht sein Kot säuerlich, da er mit seinem Schnabel auch am Popo herumputzt, riecht auch sein Schnabel danach. Er ist nun mal alt. In dem Stadium kann man das Altern nicht mehr aufhalten oder verlangsamen, da er dem Tode näher ist als dem Leben. Und einen alten Wellensittich schleppe ich auch nicht mehr zum Tierarzt, es sei denn er leidet und muss erlöst werden. Wunder gibt es nicht. Er ist nicht krank in dem Sinne, obwohl Altern ja gleichbedeutend mit Kranksein ist, aber Altern geht mit Absterben von Zellen und im Endstadium oft damit einher, dass ein Organ oder mehrere ihre Funktion teilweise einstellen oder ganz einstellen.
Auch Ollis Herz ist nicht mehr das Beste, das sagt mir sein sehr dunkel gewordener Schnabel. Die Farbe ist ein sehr dunkles Grau-Beige, das fing aber schon vor einem halben Jahr an (im Sommer war er noch gut drauf, im Herbst fing es an). Da merkte ich ganz kleine Anzeichen, da fing auch sein Tumor wieder an zu wachsen. Aber dann hat er einen Schuss bekommen, als ob er um viele Jahre auf einmal gealtert ist.
Für mich immer wieder ein Wunder, dass er trotz jahrelanger Mega-Erkrankung und mehrmals im Jahr stattfindende Ampho-Behandlung überhaupt so alt geworden ist. Aber der Körper vergisst nichts, weder die Megas, die er ständig hatte, noch die Ampho-Gaben....
Manch einer lebt nicht so lange damit, aber Olli war immer ein Kämpfer. Wie oft habe ich gesagt, er schafft es nicht mehr, wenn er wieder einen Megaschub hatte, nicht fressen wollte, abnahm und dick aufgeplustert und in sich zusammen gesunken da saß. Kein Interesse an seinen Kumpels hatte. Ich habe ihn dann oft auf meine Hand genommen, er hatte eiskalte Füßchen und es war schon, wie nach ein paar Minuten seine Füßchen richtig schön warm wurden, obwohl er krank war, tat es ihm gut.
Und plötzlich nach 7 Tagen schlug das Ampho an und es ging ihm besser, um 4 Wochen nach Therapie-Ende wieder einen neuen Schub zu bekommen. Ja, das war Ollis Leben: Fast alle 4 Wochen gab es einen Rückfall. Während die anderen Wellis spielten und das Leben genossen, ging es Olli nicht gut, er fror ständig und er fühlte sich schlecht, da es auch zu Gasbildung im Verdauungsbereich kam. Ich habe dann immer alles gegeben, mir Gedanken gemacht, was ich ihm noch Gutes tun kann. Er bekam dann zusätzlich zur Ampho-Gabe oft Nux vomica, da merkte man sofort, dass es ihm danach etwas besser ging.
Im Sommer ging es ihm meistens besser. Fing so im Mai an und ging bis September, dass er keinen Megaschub hatte. Also im Grunde genommen hatte er pro Jahr 3 bis 4 Schübe. Das war sein Leben, immer nur kämpfen und durchhalten.
Und jetzt: Das Ende naht. Ich glaube nicht, dass er noch 14 Tage schafft. Habe ihm zwar noch mal Prime bestellt, weil das meine letzte Hoffnung ist, dass er Aminosäuren im Alter braucht, für die Leber wäre das nicht schlecht und sein geschwächtes Herz, aber es ist nur eine schwache Hoffnung.
Schade, ich habe mir so gewünscht, dass er die 9 Jahre voll macht. 8 Jahre und 10 Monat hört sich so blöd an, 9 Jahre wäre vollständig. Ich habe mir auch so gewünscht, dass er noch den Frühling etwas miterlebt, denn die Sonne hat ihm immer sehr gut getan, er lebte dann meistens auf. Aber wenn es kalt ist, kann ich ihn eh nicht auf die Terrasse stellen. Ob mein letzter Wunsch noch in Erfüllung geht und er ein paar Tage Frühling noch draußen erlebt? Diese Freude gönne ich ihm, die frische Luft, das Zwitschern der Vögel, der blaue Himmel, die wärmenden Sonnenstrahlen. Oder der Wunsch, dass er noch den 28. April (sein ungefährer Schlupftag) schafft?
Ich nehme jetzt schon jeden Tag von ihm Abschied. Es ist ja nicht so wie sonst, dass ein mitten im Leben stehender Wellensittich plötzlich aus heiterem Himmel krank wird und stirbt, was ja meistens einen Schock in mir auslöst. Ich weiß, dass er bald geht und er ein einigermaßen schönes Leben hatte und seine Tage nun mal gezählt sind.
Aber ich bin nun mal traurig, auch wenn es der Lauf der Dinge ist, ich sehe, wie er kaum noch Kraft hat und er nur kurz etwas macht und dann wieder plustert und ruht.