Wenn der Schwarm sich gegen dich wendet – Erfahrungen aus der Forenleitung

Wenn der Schwarm sich gegen dich wendet

🕊️ Wenn der Schwarm sich gegen dich wendet

Ein persönlicher Rückblick auf Gruppendynamiken, Machtverschiebung und emotionale Belastung in Online-Communities

Manchmal ist es nicht der Ton, sondern die Stille, die alles sagt.

Die Stille, wenn ehemals aktive Mitglieder gehen.

Wenn neue Fragen unbeantwortet bleiben.

Oder wenn man als Admin merkt: „Ich bin plötzlich allein.“

Was ich hier beschreibe, ist kein Einzelfall, sondern ein Prozess, den viele Community-Leitungen – ob bewusst oder unbewusst – durchleben. Ich möchte in diesem Beitrag nicht anklagen oder aufrechnen, sondern zurückblicken. Und vielleicht auch aufzeigen, wie komplex Gruppendynamiken werden können, wenn das Gleichgewicht kippt.

Die ersten Risse: Wenn Kritik persönlich wird

Es begann schleichend. Einige Mitglieder, die zuvor wegen Regelverstößen verwarnt wurden, begannen zunehmend, meine Entscheidungen infrage zu stellen. Kritik wurde persönlicher, misstrauischer bis zur persönlichen Abwertung. Ich wurde zu wenig aktiv genannt. Zu autoritär. Zu distanziert. Oder zu präsent.

Ganz gleich, was ich tat – es war falsch. Es war nicht mehr möglich, sachlich zu moderieren, denn jede Geste wurde auf die Goldwaage gelegt.

So entstand ein Klima, in dem nicht mehr Inhalte zählten, sondern Meinungen über Personen.

Die Dynamik der Drahtzieher: Spaltung im Stillen und Abwerbung

Einige User begannen, sich über private Kanäle zu vernetzen – Mailadressen wurden ausgetauscht, ein alternatives Forum entstand. Man sprach sich ab, warb gezielt Mitglieder ab und unterwanderte gleichzeitig weiterhin das bestehende Forum. Ich erlebte, wie aus einer bunten, friedlichen Community ein Ort wurde, der sich gegen seine eigene Mitte wandte.

Und irgendwann stand ich da – wie eine Art Sündenbock. Ohne Stimme, ohne Rückhalt.

Still beobachtet von denen, die schon gegangen waren – und belauert von jenen, die noch geblieben waren.

Meine eigenen Fehler – aus heutiger Sicht

Mit Abstand sehe ich heute auch, wo ich früher hätte gegensteuern können:

  • Ich habe zu lange still verwaltet. Verwarnungen wurden oft diskret ausgesprochen, um niemanden bloßzustellen – doch genau das führte zu Spekulationen und schuf Raum für Gerüchte.

  • Ich habe zu wenig Unterstützung aktiviert. Loyalen oder neutralen Mitgliedern hätte ich früher eine aktivere Rolle anbieten sollen – nicht als „Frontlinie“, sondern als Gemeinschaft.

  • Ich habe Konflikten zu viel Raum gegeben. Aus Rücksicht oder Harmoniebedürfnis habe ich nicht frühzeitig klare Grenzen gezogen – aus Angst, jemanden „zu verlieren“.

    Aber: Wer geht, geht so oder so – laut oder leise.

Der Rückzug – keine Niederlage, sondern Selbstschutz

Irgendwann war der Punkt erreicht, an dem es nicht mehr um Inhalte ging, sondern um mein Wohlbefinden – und um meine Gesundheit.

Ich fühlte mich ausgelaugt, verletzt, überfordert.

Das Forum zu schließen war eine schwere Entscheidung – aber letztlich auch eine heilsame.

Nicht aus Trotz, sondern aus Notwendigkeit.

Warum ich das heute erzähle

Nicht, um Mitleid zu bekommen.

Nicht, um alten Groll aufzuwärmen.

Sondern um anderen Forenleitungen Mut zu machen, auf ihr Bauchgefühl zu hören, sich frühzeitig Hilfe zu holen – und zu erkennen, dass man nicht immer alles retten kann.

Und vielleicht auch, um neutralen Mitgliedern, die damals nichts sagten, zu zeigen:

Was wie „Drama“ aussieht, ist oft ein tiefgreifender Konflikt, der mehr Menschen betrifft, als man denkt.

Ein neuer Versuch – mit Abstand, Klarheit und Gelassenheit

Heute bin ich zurück.

Nicht, weil ich alles vergessen hätte.

Sondern weil ich gelernt habe, wie wichtig klare Kommunikation, Grenzen und Gemeinschaft auf Augenhöhe sind.

Das Forum lebt wieder – leise, ehrlich, offen.

Und wer mitfliegen möchte, ist herzlich willkommen.


🪶 Fortsetzung folgt in der Reihe Gedankenoase

Du hast Ähnliches erlebt oder Fragen dazu?

Ich freue mich über respektvolle Rückmeldungen oder stille Gedanken.

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