Nähe vs. Distanz in Communities: Wie viel ist gesund?
Schwester S.
Nähe vs. Distanz in Communities: Wie viel ist gesund?
In einer Online-Community, besonders wenn sie sich über Jahre entwickelt, kann schnell das Gefühl entstehen, man kenne sich „wie im echten Leben“. Das ist einerseits schön – Gemeinschaft entsteht, Vertrauen wächst, man freut sich aufeinander. Doch zugleich birgt genau diese Nähe auch Risiken: Wo persönliche Beziehungen entstehen, können auch persönliche Konflikte eskalieren. Die zentrale Frage lautet also: Wie viel Nähe ist gut – und wo braucht es gesunde Distanz?
Die feine Linie zwischen Gemeinschaft und Verflechtung
Ein Forum lebt von Verbundenheit. Menschen, die einander unterstützen, Ratschläge geben und Anteil nehmen, sind der Herzschlag einer lebendigen Community. Wenn sich Mitglieder mit dem Forum identifizieren, ist das ein Geschenk. Doch sobald diese Verbundenheit in persönliche Verpflichtung oder gar emotionale Abhängigkeit kippt, wird es schwierig.
Plötzlich geht es nicht mehr nur um Inhalte oder Themen, sondern um wer etwas gesagt hat. Die Loyalität zu Personen wird wichtiger als die Sachlichkeit. Nähe kann dann blind machen – oder vereinnahmen.
Die Rolle der Administration
Für Admins oder Moderator:innen ist das Thema Nähe und Distanz besonders sensibel. Wer zu sehr auf Nähe setzt, verliert unter Umständen die Autorität, klare Entscheidungen zu treffen. Wer zu distanziert auftritt, wirkt kalt oder desinteressiert.
Ein gesundes Mittelmaß zu finden ist nicht leicht. Klar ist: Admins müssen sich erlauben, professionell zu führen – auch wenn dabei persönliche Erwartungen enttäuscht werden. Empathie ohne Selbstaufgabe ist hier ein wertvoller Leitsatz.
Nähe, die stärkt – Distanz, die schützt
Nicht jede Freundschaft muss in Vertrautheit münden. Nähe kann auch heißen, respektvoll miteinander zu sprechen, einander zuzuhören oder private Grenzen zu achten. Umgekehrt kann gesunde Distanz Schutz bedeuten – vor Missverständnissen, emotionaler Erschöpfung oder manipulativen Dynamiken.
Einige Fragen zur Selbstreflexion:
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Fühle ich mich verantwortlich für das Wohlbefinden einzelner Mitglieder?
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Fällt es mir schwer, Kritik zu äußern, weil ich „niemandem auf die Füße treten“ will?
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Glaube ich, ständig online sein zu müssen, um niemanden zu enttäuschen?
Wenn die Antwort auf mehrere dieser Fragen „Ja“ lautet, lohnt sich ein Innehalten.
Fazit: Verbindung ja – Verstrickung nein
Community bedeutet Verbundenheit – nicht Verschmelzung. Wer in Foren oder Gruppen aktiv ist, darf Nähe zulassen, aber auch klar seine Grenzen zeigen. Nur so bleibt die Atmosphäre respektvoll, tragfähig – und gesund. Nähe ist ein Geschenk, Distanz ist Schutz – beides ist wertvoll.
Warum ich diesen Artikel geschrieben habe
Als langjährige Forenbetreiberin habe ich viele Phasen durchlebt: herzliche Nähe, schmerzhafte Grenzüberschreitungen, enttäuschte Erwartungen. Ich habe gelernt, dass es nicht egoistisch ist, sich selbst zu schützen – sondern notwendig, um langfristig für andere da sein zu können. Diese Erkenntnis möchte ich mit euch teilen.
PS. Diese Blogreihe wird jeweils montags weiter geführt.